Biologische Ursachen der Depression: Vererbung

Weitere Depressions-Ursachen: Serotonin & Co., Stress, Traumata und Veränderungen des Gehirns

Die Anfälligkeit für Depressionen ist vererbbar.

Seit einiger Zeit weiß man mit Sicherheit, dass es Familien gibt, deren Mitglieder für Depressionen "anfälliger" sind als andere. Studien besagen, dass Menschen, deren Bruder, Schwester oder Elternteil unter einer schweren Depression leiden oder schon einmal gelitten haben, ein 1,5- bis 3-fach höheres Risiko tragen, ebenfalls an einer schweren Depression zu erkranken. Q

Da jeder eineiige Zwilling genau die gleiche genetische Ausstattung hat wie sein Zwillings-Geschwisterkind, und die im Folgenden erwähnten Studien belegen, dass in vielen Fällen beide Zwillinge davon betroffen sind, kann man inzwischen mit Sicherheit sagen, dass eine Anfälligkeit (Prädisposition) zu klinischen Depressionen definitiv vererbbar ist - allerdings nur zum Teil. Das heißt, dass es zwar eine genetisch bedingte Anfälligkeit für die Erkrankung gibt, dass aber noch andere Faktoren hinzukommen müssen, damit sie dann auch wirklich zum Tragen kommt.

Gute Idee Geschätzte Vererbbarkeit laut Zwillingsstudien

Zwillingsstudien besagen, dass eineiige Zwillinge mit einer etwa 76-prozentigen Wahrscheinlichkeit eine klinische Depression bekommen, wenn ihr Zwillings-Geschwisterkind daran erkrankt ist. Selbst wenn eineiige Zwillinge getrennt aufwachsen, liegt die Wahrscheinlichkeit bei etwa 67 %, was wiederum belegt, dass in diesem Fall die Gene sogar einen noch größeren Einfluss haben als z. B. Umweltfaktoren (wie etwa die Erziehung). Q

Eine Studie mit 143 Zwillingen kommt zu dem Ergebnis, dass die Vererbbarkeit einer schweren Depression bei etwa 42 % liegt. Q

Es gibt natürlich noch viele andere Studien zu diesem Thema, die Ähnliches besagen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aus Platzgründen hier nur einige wenige Studien exemplarisch anführen können. Für eine vertiefende Lektüre dieses faszinierenden Themas empfehlen wir Ihnen eine Recherche in der wunderbaren Medizin-Datenbank Pubmed. Das gilt übrings auch für alle anderen Rubriken dieser Website.

Fragezeichen Gibt es hinsichtlich der Vererbung Unterschiede zwischen Frauen und Männern?

Eine amerikanische Studie mit über 2.600 Zwillingspaaren hat ergeben, dass die Vererbbarkeit bei Frauen mit 36-44 % deutlich höher liegt als bei Männern, und dass sich genetische Faktoren und Umweltfaktoren bei der Entstehung einer schweren Depression bei Frauen in etwa die Waage halten. Q

Eine schwedische Zwillingsstudie von 2006 mit über 42.000 Zwillingen, darunter mehr als 15.000 vollständigen Paaren, kam zu dem Ergebnis, dass die Vererbbarkeit einer Depression bei Frauen bei etwa 42 % und bei Männern bei etwa 29 % liegt. Q

Fragezeichen Welche Gene sind beteiligt?

In Zukunft werden sich die Forscher wohl noch genauer damit beschäftigen, welcher gezielte Therapieansatz für welches genetische Profil wohl am besten geeignet ist. Schließlich geht man ja inzwischen davon aus, dass nicht nur jeweils ein Gen, sondern mehrere Gene eine Person für schwere Depressionen anfällig machen. Im Anschluss haben wir für Sie eine Liste der bislang bekannten Gene zusammengestellt, die mit der Depression in Verbindung gebracht werden. Diese Liste erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Gute Idee Serotonintransporter-(5-HTT)-Gen

In einer Studie schützte das "lange" 5-HTT-Allel seine Träger vor Depressionen, die durch stressvolle Erfahrungen ausgelöst wurden. Im Vergleich zu ihnen bekamen Menschen mit einem oder zwei "kurzen" Allelen häufiger Depressionen nach solchen Ereignissen. Q Diese Erkenntnis ist inzwischen jedoch umstritten. Q

Gen

Schematische Darstellung eines Gens. Q

Selbstmörder hatten weniger somatodendritische (vom Nervenzellkörper zum Dendriten führende) und postsynaptische 5-HT(1A)-Rezeptoren. Labormäuse ohne 5-HT(1A)-Rezeptoren waren wesentlich ängstlicher als ihre Artgenossen mit diesen Rezeptoren; daran konnte auch eine Behandlung mit Antidepressiva nichts ändern. Die Behandlungsergebnisse bei Menschen hingen davon ab, welches Allel des Gens sie hatten (C wirkte sich beispielsweise günstiger aus). Q

In einer anderen Studie hatten Selbstmörder deutlich mehr 5-HT(2A)-Rezeptoren, während hinsichtlich 5-HT(1A)- oder 5-HT(2C)-Rezeptoren keine Unterschiede bestanden. Mit der verringerten Zahl an 5-HT(2A)-Rezeptoren korrespondierte eine geringere PKA-Aktivität. Q

Gute Idee TPH2-Gen

Laut einer Studie stehen bestimmte Veränderungen des TPH2-Gens in Verbindung mit erhöhter Suizidalität. Q Sie beeinflussen nicht nur die Anfälligkeit gegenüber schweren Depressionen (MDD), sondern auch den Erfolg eines SSRI-Einsatzes. Q

Gute Idee GSK3beta-Gen

Eine Studie konnte indirekt nachweisen, dass das GSK3beta-Gen einen Einfluss auf die Menge an Grauer Substanz in bestimmten Hirnregionen hat (rechter Hippocampus und Gyrus temporalis superior). Diese Hirnveränderungen sind typisch für Patienten mit einer schweren Depression (MDD). Q

Gute Idee S100B-Gen

In einer Studie korrespondierten verschiedene Genotypen des S100B-Gens mit Unterschieden hinsichtlich des Auftretens depressiver Episoden. Q

Gute Idee PCNT-Gen

Die Ergebnisse einer Studie deuteten darauf hin, dass genetische Varianzen des PCNT-Gens eine wesentliche Rolle bei der MDD-Entstehung in der japanischen Bevölkerung spielen könnten. Q

Gute Idee Fazit

Manche Menschen verfügen über ein besonderes genetisches Profil, das dafür (mit)verantwortlich ist, dass bei ihnen bestimmte Auslöser (wie z. B. Traumata) zu schweren Depressionen führen, während andere mit diesen Situationen vielleicht besser hätten umgehen können. Deshalb werden Forscher in Zukunft versuchen, gezielte Behandlungsansätze für bestimmte genetische Profile zu entwickeln.



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